Donnerstag, 12. Oktober 2006

Die Fahrt nach Paris - Jetzt geht's los

16.09.2006. Etwa 10 Uhr Morgens.
Ich war eingestiegen. Der Zug rollte los. Und da gleich der erste Schlammassel. Auf meiner Platz-Reservierungs-Karte fehlte die Sitznummer. Unwillig, den ganzen Wagon nach meinem Sitz in dem ohnehin nicht vollbesetzten Zug zu durchsuchen, schloss ich mein Fahrrad im dafuer vorgesehenen Raum an und liesz mich im benachbarten Abteil nieder. Dort hatte es sich schon ein junger, unrasierter Kerl -augenscheinlich Student- bequem gemacht hatte.
Nach dem obligatorischen Zurecht-Ruecken des Gepaecks folgte eine kurze Zeit des Schweigens, ehe wir mit der ueblichen Zug-Unterhaltung begannen.
Ja, er sei auch mit dem Rad unterwegs. Er studiere Kunst in Toulouse.
„Was machst DU denn in Frankreich?“, wollte auch er nun wissen. Ich sagte meine fuenf Standard-Saetze auf: Zivi im Ausland, hab gerade Abi gemacht, bin in nem Vorort von Paris, arbeite mit Fluechtlingen...
Als er jedoch nach meiner Organisation fragte, wurde das Gespraech auf einen Schlag interessant:
„WAASSSSS, du bist mit EIRENE im Ausland! Das war ich vor zwei Jahren AUCH!“ Er hatte also das komplette Programm auch schon einmal durchgemacht. Ein unglaublich gluecklicher Zufall.

Wie viele Jugendliche gibt es in Deutschland? Keine Plan!
Wie viele machen davon Zivi? Der kleinere Anteil! Schlieszlich werden ziemlich viele ausgemustert.
Wie viele von ihnen leisten den Zivildienst im Ausland ab? Wenige, ist ja mit deutlich mehr Aufwand verbunden!
Wie viele gehen davon mit EIRENE weg? Ziemlich genau 60 pro Jahr.

Krass! Damit nicht genug. Es stellte sich heraus, dass Georg (das war sein Name) im selben Projekt war wie Dominik (einer der 20, mit denen ich gerade eben noch auf Ausreisekurs war).
Gespraechsstoff fuer die ganze Zugfahrt war gefunden. Wir redeten. Ich weisz nicht wie lange. Er fragte mich aus ueber all die Leute, die er noch von frueher kannte. „Ja, Friedemann leitet immer noch die Seminare. Ja, mein Referant ist auch der Ralf.“ ...
Er gab mir hilfreiche Tipps fuer meinen Aufenthalt...
Doch das war nicht das einzig Amuesante an meiner Hinfahrt. Nach etwa der Haelfte der Strecke wurden wir hoeflich darauf aufmerksam gemacht, das wir uns versehentlich in dem speziell fuer die Mitropa reservierten Abteil niedergelassen hatten. Das Bahnpersonal in Deutschland hatte schlichtweg vergessen, es auch als solches zu kennzeichnen. Wir zogen also in das benachbarte Abteil um, dass ebenso leer war, wie das erste. Kein Problem also fuer uns. Doch der Franzose war untroestlich, dass er uns verscheucht hatte. Immer wieder stiesz er ein „désolé“ hervor, um sich bei uns zu entschuldigen. Georg verklickerte ihm, dass wir Deutsche neu in Frankreich waeren und uns beide in sozialen Projekten engagieren wuerden. „Wir unterstuetzen Ihr Land mit unserer Arbeit“, betonte Georg. Nun sei also, fuhr er fort, die Franzoesischen Bahn am „Zug“, UNS etwas entgegenzubringen. Und so fragte Georg den Monsieur von der Mitropa ganz dreist, ob wir nicht als kleine Wieder-gut-Machung einen „Café libre“ bekommen koennten, sozusagen zur Festigung der Deutsch-Franzoesischen Freundschaft. Eine klasse Erklaerung, die auch dem Monsieur einleuchtete. ^^
Auf unseren kostenlosen Kaffee wartend, ergab sich dann ein netter Plausch, denn der Mann musste zuvor noch sein Waegelchen mit allerlei Snacks fuellen. Ich fuer meinen Teil begnuegte mich damit, der franzoesischen Unterhaltung zuzuhoeren, den Pappbaecher mit einem simplen „Merci“ entgegenzunehmen und auf die hoffentlich baldige Besserung meiner Sprachkenntnisse zu warten...
Dann war es soweit. Der Zug rollte im Kopfbahnhof Paris - Ost ein.
Georg und ich tauschten die E-Mailadressen aus.
[Nach dieser interessanten Begegnung fuehlte ich mich nocheinmal in meiner Annahme bestaetigt, dass EIRENE doch so etwas wie eine Sekte sein musste! (ACHTUNG, Insider!) ^^]
Am Bahnsteig holte mich David, mein Vorgaenger, ab und mit der RER ging es gen Massy, wo ich im Centre noch am Abend ein Zimmer bezog...