Sonntag, 27. Mai 2007

Urlaub beendet

Guten Tag, liebe Leuz!

Zwischenseminar und Urlaub sind beendet!!

Warum diese Nachicht mit einer Woche Verspaetung auf dem Blog erscheint? ...
Weil ich keinen Zugriff mehr auf meinen eigenen Blog hatte. ^^
Bloed, was? Aber dieser Fehler ward dank "Michif" behoben und nun gibts hier wieder die neusten Infos aus Massy in gewohnter Weise.

Verdammt, ich beneide euch Darmstaedter, wenn ich mir ueberlege, dass ihr gerade beim Schlossgrabenfest seit und die Musik von "Die happy" in euch aufsaugt. :-(
Viel Spass!

Samstag, 5. Mai 2007

Zwischenseminar

So, es ist bereits tiefste Nacht und in ein paar Stuendchen ist es soweit: Ich werde mich von Paris aus auf den Weg zu meinem Zwischenseminar machen.
Dieses wird in der Naehe von Beziers in einer Arche von Lanza del Vasto (Borie Noble) stattfinden und ich bin schon ganz gespannt, mit einer solchen Art von Einrichtung konfrontiert zu werden...
Freue mich darauf, mich ein wenig mit den anderen auszutauschen, Zeit fuer mich zu haben und die anderen Freiwilligen wiederzutreffen!
Nach dem Seminar werde ich dann noch ein wenig Urlaub anhaengen, sodass ich schlieszlich am 21. Mai wieder zurueck sein werde...

Eule-Artikel

Hier der Artikel, den ich kuerzlich fuer die Schuelerzeitung des LGGs geschrieben habe:

Zwei Chinesen ohne Kontrabass...

...saßen auf der Straße und erzählten mir was


Vor gar nicht allzu langer Zeit sah man mich noch täglich am LGG herumlungern; ich plagte mich mit einem Haufen Abitur-Prüfungen ab und ersehnte mir das Ende meiner 13-jährigen Schul-Laufbahn herbei.
All das scheint jedoch nun eine halbe Ewigkeit her zu sein und die Erinnerungen daran liegen in weiter Ferne...
Ich wohne schon seit fast sechs Monaten in einem Vorort von Paris, wo ich im sogenannten « Centre International » meinen Zivildienst ableiste. Dieses Zentrum bietet fundamentale Hilfe für Sans-Papiers, also sogenannte illegale Einwanderer, und stellt politischen Flüchtlingen eine vorläufige Unterkunft. Wir helfen den Flüchtlingen eine Arbeit und eine dauerhafte Unterkunft zu finden. Außerdem gibt es hier hilfreiche kostenlose Angebote, wie etwa Französischunterricht, Informatik-Kurse und auch ein Freizeitprogramm, das mitzuorganisieren eine meiner Aufgaben darstellt.

Wenige Tage, nachdem der Winter auch endlich in Frankreich Einzug erhalten hatte und es auf den Straßen eisig kalt geworden war, bekam ich einen Anruf an der Rezeption, wo ich für gewöhnlich arbeite. Eine Dame der Hilfs-Hotline "115" war am Apparat. Dieser Notruf ist in Frankreich speziell für Obdachlose geschaltet und wir arbeiten mit der Institution eng zusammen. Die Dame am anderen Ende der Leitung erklärte mir, bei ihr habe sich ein chinesisches Ehepaar gemeldet, das dringend unserer Hilfe bedürfe.
Ich gab den Hörer an eine Kollegin weiter, um sie die nötigen Details regeln zu lassen...

Etwa eine Stunde später stand eben jenes Ehepaar - von einer Sozial-Assistentin begleitet - vor unseren Pforten. Angst und Elend stand den beiden ins Gesicht geschrieben und ich war schockiert, dass es tatsächlich derart magere Menschen in dem reichen Europa geben sollte: Eingefallene Wangen, über deren hervorstehende Knochen sich straff die Haut spannte und ein sich tief in die Höhlen zurückgezogenes Augend-Paar, das trist und missmutig dreinblickte. Zudem dreckige Klamotten und auffällig fettige Haare.
Ja, diese zwei Häufchen Elend brauchten tatsächlich unsere Hilfe, das sah ich ein.
Den buckligen, krummen Körper in einen Phoetus-artigen Zustand zusammenrollend, so saßen sie unserer Sekretärin Mala und mir gegenüber.
Es war für mich das erste Mal mit einer solchen Situation konfrontiert zu werden. Ich sah Bilder, wie man sie eigentlich nur in Fernseh-Berichten aus asiatischen Krisengebieten oder anderswoher gezeigt bekommt. Bilder, deren Wirklichkeit man weit von unserer reichen Welt entfernt glaubt. Bilder, die man für gewöhnlich nach den Abend-Nachrichten in die hinterste Ecke seines Gedächtnisses schiebt und sie von dort normalerweise auch nicht so schnell wieder hervorholt.

Ich fühlte mich mit der Situation etwas überfordert und war froh, dass sich die anderen Mitarbeiter um all das Kommende kümmerten. Nicolas, der mit mir am Empfang arbeitet, prüfte sofort welche Zimmer für die zwei noch frei waren. Mala betreute das Ehepaar unterdessen provisorisch in der Caféteria, während die Direktorin über den aktuellen Stand der Dinge informiert wurde.
Wir entschieden, dass sie zu aller erst etwas in der Kantine essen müssten. Die Kommunikation entpuppte sich als äußerst schwierig, da keiner der beiden Französisch sprach und der Mann nur einige vereinzelte Worte Englisch verstand. Mit lustig dreinschauender Gestikulierung führte Mala die zwei in unsere Kantine und - wie Wilde aus der Steinzeit, die sich nach wochenlanger Jagd endlich auf das erlegte Beutetier stürzen - verschlangen sie die ihnen dargebrachte Mahlzeit.

Ich musste mit einem Mal an die Geschichte von Kasper Hauser denken: Dem Wilden, der - von einer Familie aufgenommen und in das dörfliche Leben integriert - doch am Ende wegen seiner Andersartigkeit auf dem Üttinger Feld geluncht worden war. Auch er war dreckig, hungrig und "unzivilisiert". Ausgestoßen von der Gesellschaft. So wie sich die Familie um Kaspar Hauser gekümmert hatte, so kümmerten wir uns nun auch um das chinesische Flüchtlings-Ehepaar.

Zufrieden widmete sich Mala für einen Moment anderen wichtigen Arbeiten, die keinen Verzug mehr duldeten und überließ zu diesem Zweck das Ehepaar einen Augenblick sich selbst.
Die Direktorin hatte entschieden, die zwei Chinesen vorerst hierzubehalten. Nicolas bereitete ein Zimmer zum Einzug vor, eine Magnetkarte zum Öffnen des Tors ward für das Paar installiert. Mala nahm also Schlüssel und Magnetkarte, um die Chinesen in ihr neues Heim zu geleiten.
Doch als sie in die Kantine kam, war das Paar bereits getürmt.
Die Tablettes, auf denen sich das Kantinenessen befunden hatte, lagen noch sauber leergeputzt auf dem Tisch, an dem sie gesessen hatten.
Von den Geflohenen keine Spur.
Wie groß muss die Angst sein, in die Heimat zurückgeschickt zu werden, wenn man in einer armseeligen Situation wie dieser die kalte Straße einem warmen Zimmer vorzieht? Dachten sie vielleicht, wir würden früher oder später die Polizei verständigen? Warum waren sie aus China geflohen?
Die unter dem verschlissenen Mantel versteckten Arme der chinesische Frau und deren krumme Körperhaltung ließen vermuten, dass sie in China gefoltert wurde. Ein Land, dass für seine billigen Exportprodukte und sein enormes Wirtschaftswachstum bekannt ist.
Jeder besitzt die billigen Plastikspielzeuge, Klamotten oder Elektro-Geräte mit dem unauffällig angebrachten Label "made in China". Jede Firma, die etwas auf sich hält, lässt heutzutage in Hinterasien produzieren, wo die Löhne vernichtend gering und der Profit enorm hoch ist.
Aber wie viele wissen auch nur annähernd über die Machenschaften der "kommunistisch-liberalen" Regierung Chinas oder anderer asiatischen Staaten bescheid?
Ich habe zum Bedauern von Herrn Diepen - und nun auch zu meinem eigenen - Politik und Wirtschaft nach der Jahrgangsstufe 12 abgegeben, bevor wir zu den eigentlich interessanten Themen vordringen konnten. Ganz ehrlich: Ich weiß nahezu nichts über China! Das sollte ich aber vielleicht!?

Die zwei Flüchtlinge waren Ausgestoßene. In China wie in Europa. Geflohen ins wachsende Niemandsland der "Papierlosen", irgendwo untergetaucht in die Illegalität. Ist es nicht irgendwie paradox, dass Menschen illegal sein können? Vieles kann illegal sein: Eine Handlung, ein Besitz oder ein Dokument. Aber wie kann ein Mensch illegal sein? Es gibt Dinge, die ich einfach nicht verstehe!

Ich musste erneut an Kaspar Hauser denken. Diese zwei elenden Gestalten waren genauso von Vornherein verloren wie er. Aus China geflohen, in Frankreich nicht als Flüchtling anerkannt. Aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Quasi geluncht. Ich würde gerne wissen, wo sie sich jetzt befinden-

"Das Üttinger Feld liegt lange schon brach,
nur manchmal bell'n mir noch die Hunde nach,
dann streu ich ein paar Blumen auf den Pfad
für Kaspar."